Stellungnahme des mut Forums Asyl und Zuwanderung zum Krieg in der Ukraine
„Alle Menschen, begabt mit Vernunft und Gewissen, müssen im Geist der Solidarität Verantwortung übernehmen gegenüber jedem und allen, Familien und Gemeinschaften, Rassen, Nationen und Religionen.“ So der Artikel 4 der Allgemeinen Erklärung der Menschenpflichten, 1997 vom InterAction Council vorgeschlagen.
Und gerade Menschen, die durch Krieg, politische Unterdrückung oder Naturkatastrophen alles zu verlieren drohen, verdienen unsere uneingeschränkte Unterstützung. Erst recht, da wir im sogenannten Westen alles zu haben scheinen. Menschen zu helfen, die aus ihrer Heimat fliehen, ist eine Pflicht, eine Menschenpflicht, das heißt helfen, ohne Wenn und Aber, ohne an Bedingungen geknüpft zu sein, ohne wirtschaftliche Kosten-Nutzen-Abwägung.
Dass den Geflüchteten aus der Ukraine deshalb so schnell Unterstützung versprochen wurde, freut uns von der Partei mut deshalb sehr. Allerdings stellen wir uns die Frage, weshalb nicht auch den syrischen, somalischen oder afghanischen Geflüchteten so geholfen wird (und wurde). Sicherlich: Die Ukraine ist näher als Afghanistan, Bomben in Kiew klingen für unsere Ohren lauter als Bomben in Kabul. Und dennoch gilt: Solidarität darf keine Frage der Herkunft, Hautfarbe oder nationalen Zugehörigkeit sein.
Unsere Forderungen sollten deshalb nicht nur konkret für die aktuelle Fluchtproblematik zu verstehen sein, sondern allgemein und uneingeschränkt für jede*n gelten, der*die nach Deutschland flieht. Dies gilt in der gegenwärtigen Situation selbstverständlich auch für Menschen, die aus Angst vor politischen Repressalien, Zwangsrekrutierung oder persönlicher Unfreiheit aus Russland oder Belarus fliehen.
Wir fordern und setzten uns ein für ein Bündel von Maßnahmen, um den durch den Krieg in Not geratenen Menschen zu helfen. Dies sind unter anderem:
- Sichere Fluchtwege von der ukrainischen Grenze bis in die Mitgliedstaaten der EU müssen sofort etabliert werden.
- Humanitäre Korridore, um der Zivilbevölkerung vor Ort zu helfen, müssen ebenfalls umgehend eingerichtet werden.
- Geflüchtete aus der Ukraine müssen unbürokratisch aufgenommen und untergebracht werden.
- Den Beschluss der EU, Geflüchteten aus der Ukraine eine befristete Aufenthaltserlaubnis zu geben, unterstützen wir.
- Staatliche Aufgaben dürfen nicht von Ehrenamtlichen allein getragen werden! Dass Privatleute den Geflüchteten helfen, ist ein großartiges Zeichen der Solidarität. Dies entlastet die Politik jedoch nicht, für einen humanen Umgang mit den Schutzsuchenden zu sorgen.
- Dies betrifft einmal mehr die Unterbringung. So lässt die Wohnsituation in vielen Geflüchtetenheimen und den ANKER-Zentren nach wie vor mehr als zu wünschen übrig. Der Anstieg an Menschen, die Unterschlupf suchen, verschlimmert die Situation noch weiter. Insbesondere die erneute Nutzung von Turnhallen als Notunterkünfte kritisieren wir scharf. So bietet die massenhafte Unterbringung den Geflüchteten keinerlei Privatsphäre, was auf Dauer zu einer enormen Belastung werden kann. Außerdem leiden erneut Kinder und Jugendliche überdurchschnittlich stark unter den Maßnahmen, da ihnen ein Ort der Freizeit und der Bewegung genommen wird.
- Eine langfristige Integration der Ankommenden muss sichergestellt werden, damit den Menschen eine selbstbestimmte Entscheidung ermöglicht werden kann, wo sie in Zukunft leben möchten. Ob die Menschen zurück in die Ukraine wollen oder können, kann im Moment niemand sagen, da vieles vom weiteren Kriegsverlauf abhängt.
Ansonsten bleibt nur die Hoffnung auf ein baldiges Ende der Kriegshandlungen. Den Angehörigen und Betroffenen wünschen wir alles Gute und viel Kraft.
Bild von Wilfried Pohnke auf Pixabay