Energie- und Klimaschutz – Kommentar zum bayerischen Koalitionsvertrag von CSU und Freien Wählern von Manni Maier
Der Klimaschutz, der derzeit ja defacto kaum stattfindet, ist ein, wenn nicht sogar der, Schlüssel für das weitere Überleben der Menschheit. Zumindest für ein Überleben in einer lebenswerten Form. Damit ist untrennbar die Art und Weise verbunden, wie wir mit Energie umgehen, diese erzeugen und verbrauchen.
Im Koalitionsvertrag sieht man schon an der Positionierung (in der Mitte), dass dieses Thema für die aktuelle bayerische Staatsregierung keine große Priorität hat.
Dabei mutet es fast lächerlich an, dass ausgerechnet der Klimaschutz Verfassungsrang erhalten soll.
Beim ersten Lesen musste ich herzlich lachen, da der größere Partner dieser Koalition es in der jüngsten Vergangenheit mit der bayerischen Verfassung und auch dem deutschen Grundgesetz nicht so genau genommen hat. Allein in der Geflüchteten-Politik werden die Artikel 1 bis 19 (GG) missachtet, übergangen oder gar außer Kraft gesetzt.
Bei dieser Priorisierung des Klimaschutzes (und der Energiewende) macht das nicht viel Hoffnung, selbst wenn das in die bayerische Verfassung aufgenommen werden würde.
Keiner stellt heute mehr infrage, dass Klimaschutz Ziele konsequentes Handeln zur Emissionsminderung erfordern.
Dazu braucht es jedoch keine ewig gestrige Politik. Es braucht keinen Verfassungsrang, sondern es muss endlich das umgesetzt werden, was die Partei des Ministerpräsidenten die letzten Jahrzehnte hätte tun können und müssen. Nun steht wieder schwarz-auf-weiß, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien schnellstmöglich vorankommen muss.
Aber außer reiner Lippenbekenntnisse zum Eintreten auf Bundes- bzw. Europa-Ebene (Einführung CO2-Preis bzw. Ausweitung des europäischen Emissionshandel), womit es dann einfach wäre, einen Schuldigen auszumachen, falls nichts vorwärts geht, ist dem Koalitionsvertrag nicht viel zu entnehmen. Ein Masterplan „Moore in Bayern“ mag vielleicht ein Mosaiksteinchen im Klimaschutz sein, aber sicherlich kein großer Wurf.
Energie ist jedoch der Treibstoff für alles Leben auf unserem Planeten. Im Koalitionsvertrag wird Energie „als Treibstoff unserer Wirtschaft“ bezeichnet. Die wirtschafts- und standortpolitischen Dimensionen der Energiepolitik sollen in den Mittelpunkt gerückt werden. Diesem Credo wird praktisch alles untergeordnet.
Eigentlich ist es jedoch so, dass sich die Wirtschaft dem Gemeinwohl unterzuordnen und diesem zu dienen hat.
Die Energiefrage ist entscheidend für jedwede Existenz auf der Erde – nicht nur für die Existenz der Wirtschaft. Hinzu kommt, dass, ungeschrieben bzw unausgesprochen, im Koalitionsvertrag mit Wirtschaft die Großkonzerne gemeint sind.
Wirtschaft sind jedoch auch diejenigen, die nachhaltig wirtschaften möchten und können: Solarbetriebe, Gebäudesanierer, Landwirte bzw. Energiewirte. Deren Interessen werden nicht berücksichtigt, im Gegenteil wurden viele sogar in die Insolvenz getrieben. Mit dem neuen Koalitionsvertrag wird sich daran nichts ändern.
Der Koalitionsvertrag ist eine Art Auflistung längst bekannter Maßnahmen, die schon lange hätten umgesetzt werden müssen, und die längst überfällig sind.
Mehr als ein Witz ist der Satz: „Wir setzen den Ausbau der erneuerbaren Energien konsequent fort.“ Der bisherige Ausbau der erneuerbaren Energien fand in kleinen, zwar wichtigen, aber dennoch zu kleinen, Schritten statt. Und das nicht wegen, sondern trotz der bisherigen bayerischen Staatsregierung. Der aktuelle Koalitionsvertrag lässt nicht erkennen, dass sich das in Zukunft ändern wird.
Abzuwarten bleibt, welche Kompetenzen die angekündigte „Landesagentur für Energie und Klimaschutz“ bekommen wird, wer diese besetzt und mit welchem Elan die Aufgaben in Angriff genommen werden.
Ich habe mit Belustigung zur Kenntnis genommen, dass die Koalitionspartner wohl in unserem mut-igen Wahlprogramm gespickt haben. Wir forderten „die Einrichtung einer landesweiten und ressortübergreifenden Koordinierungsstelle „Energiewende“ in der Staatsregierung.“
Da im Koalitionsvertrag jedoch fast gänzlich konkrete Maßnahmen zur Umsetzung fehlen, wird diese Agentur Personal mit viel Phantasie und Kraft benötigen.
Dringend notwendige und konkrete Maßnahmen wären z.B. bei der Windkraft nicht das Festhalten an der geltenden bayerischen Rechtslage, die die Windkraft in Bayern quasi zum Erliegen gebracht hat, sondern genau deren Abschaffung gewesen. Sie ist das grundlegende Hindernis für einen weiteren Ausbau.
Bei der Speichertechnik wird hauptsächlich auf Forschung und Entwicklung verwiesen. Genau in diesem Bereich gibt es aber bereits viele Technologien, wie zum Beispiel Speichermedien, die bei richtigen politischen Rahmenbedingungen schon zum Einsatz kommen könnten. Wie in fast allen anderen Bereichen auch, wären hier eine breite Anwendung und Marktdurchdringung, eine weitere Entwicklung, Wirkungsgradsteigerungen und Optimierung, der Schritt schlechthin (Stichworte hier: Akkus, smart-Grid, Power-to-Gas, …).
Dieser Koalitionsvertrag könnte als Art Jodeldiplom nach Loriot verstanden werden.
Den Ernst der Sache, die Potenziale und Notwendigkeiten des raschen Zubaus an dezentral erzeugter, regenerativer Energie haben die Koalitionäre nicht verstanden.
Durch diesen Stillstand, ja Rückschritt, werden nicht nur Chancen für einen überfälligen Klimaschutz verspielt, auch die nicht Großkonzern-Wirtschaft leidet unter der Müdigkeit dieser Schrift. Darüber hinaus werden Vorhaben wie die großen Stromtrassen von Nord nach Süd (HGÜs usw.) fast unausweichlich. Diese dienen aber wiederum nur den Renditen der Netzbetreiber und dem Transport von dreckigem Kohlestrom.
Ein weiterer verzögerter Umbau der derzeitigen zentralen, fossilen und atomaren Energieversorgung ist auch einmal mehr ein Grund für Fluchtursachen und nicht deren Bekämpfung.
In Berlin arbeitet die GroKo, an der die CSU ja auch beteiligt ist, an einem Gesetzentwurf, um die Vergütung von Solarstrom weiter drastisch zu kürzen. Genau das Gegenteil müsste der Fall sein, weitere Anreize würden den schnelleren Zubau fördern. Im vorliegenden Koalitionspapier wird eine Einwirkung in dieser Richtung auf Berlin nicht erwähnt.
Zudem gefährdet dieser Koalitionsvertrag in höchsten Maße den Atomausstieg und das Ende der, eigentlich nicht mehr benötigten, schmutzigen Kohle.
Das Landtagswahlprogramm 2018 von mut: Wahlprogramm 2018
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